Dreidimensionale Finite-Elemente-Simulation der Standsicherheit von Auslaugungshohlräumen und deren geologische Bewertung (Gipskeuper-Formation, Stuttgart-Bad Cannstatt)

In Stuttgart-Bad Cannstatt kommt es seit Jahrzehnten durch Auslaugung gipsführender Gesteine zu Erdfällen und Bauschäden. Erdfälle entstehen aus dem vertikalen Verbruch natürlicher Hohlräume bis zur Geländeoberfläche. Der letzte Erdfall ereignete sich in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 2000 auf dem Freigelände eines Kindergartens. Dieser Erdfall war Anlass für eine umfangreiche Untersuchungskampagne mit geoelektrischen, seismischen und mikrogravimetrischen Methoden.

In der Nähe des Kindergartens wurde in einer Kernbohrung innerhalb der Grundgipsschichten des Mittleren Keupers ein Auslaugungshohlraum erbohrt und mit der Sonarmethode vermessen. Diese Daten sind die Grundlage einer numerischen Untersuchung der Standsicherheit mit der Methode der finiten Elemente, bei der axialsymmetrische und dreidimensionale Finite-Elemente-Netze erstellt und idealisierte Fallbeispiele berechnet werden.

Dreidimensionales Finite-Elemente-Modell mit eingestürztem Hohlraum

Die Randbedingungen bei der numerischen Standsicherheitsprozedur der phi-c-Reduktion werden mit Finite-Element-Netzen bestimmt. Variablen sind die im Stoffgesetz nach Mohr-Coulomb verwendeten Bodenparameter, die Größe des Finite-Elemente-Netzes, die Geometrieelemente des Auslaugungshohlraums (Kontur und Radius) und die Tiefenlage des Hohlraumes. Im Rahmen von Berechnungsreihen mit idealisierten Fallbeispielen werden die Einflüsse des Grundwassers und der Lockergesteinsüberdeckung auf die Standsicherheit untersucht. Im letzten Schritt wird eine bessere Annäherung der numerischen Simulation an die natürlichen Verhältnisse erreicht, indem unterschiedlich lange Hohlraumachsen in das dreidimensionale Finite-Elemente-Netz Eingang finden.

Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass die Scherparameter c´ und phi´, wie sie im Stoffgesetz nach Mohr-Coulomb verwendet werden, maßgeblich die Stabilität der Auslaugungshohlräume bestimmen. Die Zugspannung ist ein weiteres wichtiges Kriterium für die Entwicklung des Verbruchs. Erdruhedruckbeiwert und Dilatanzwinkel haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Standsicherheit.

Die mechanischen Gebirgseigenschaften bestimmen die Standsicherheit. Die geometrischen Bedingungen (Hohlraumgröße und Mächtigkeit der Überdeckung) entscheiden über die Verbruchsart bei unterschrittener Standsicherheit. Bei tiefliegenden Hohlräumen ist lediglich ein Gewölbeverbruch (Verbruch des Gesteins im Entlastungsgewölbe) über dem Hohlraumdach vorhanden, bei größeren Hohlräumen oder geringerer Überdeckung geht dieser in einen Schlotverbruch (zylinderförmiger Verbruch des Gesteins zur Geländeoberfläche) über. Der Auslaugungshohlraum verändert seine Tiefenlage zuerst durch Hochbrechen im Festgestein, und zwar je nach Stabilität der Gesteine von Schicht zu Schicht und schließlich durch Nachbrechen der hangenden Lockergesteine, bis die Absenkung als Erdfall zutage tritt.

Für die analytische Betrachtung wird der stark vereinfachte Bruchmechanismus eines zylinderförmigen Gebirgspfropfens über dem Hohlraum verwendet. Dieser Ansatz stimmt gut mit dem sich abzeichnenden Bruchkörper überein, wie er bei der phi-c-Reduktion in Erscheinung tritt. Die analytische Lösung wird der numerisch bestimmten Standsicherheit angenähert, um eine maximale Standsicherheit für eine beliebige Gesteinsschicht zu errechnen und zu ermitteln, bei welcher Tiefe der Verbruch zum Erdfall eintritt. Im Ergebnis zeigt sich, dass der untersuchte Hohlraum unter den derzeitigen geologischen und geotechnischen Bedingungen stabil ist.

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